Frau Dr. Zach, wie sieht die Zusammenarbeit zwischen Hufschmied und Tierarzt in der Praxis aus?
Dr. Constanze Zach: Die Zusammenarbeit ist ein zentraler Bestandteil der Pferdegesundheit. Sie sollte idealerweise eng und abgestimmt erfolgen – sowohl bei Sportpferden als auch bei Pferden mit orthopädischen Problemen wie zum Beispiel Hufrehe. Es gibt keine starre Routine, vielmehr wird je nach individueller Situation des Pferdes entschieden. Gute Kommunikation ist entscheidend, denn: Ohne Huf kein Pferd.
Wo sehen Sie häufige Schwachstellen in der Kommunikation?
Oft fehlen dem Hufschmied wichtige medizinische Informationen, etwa Röntgenbefunde oder Diagnosen. Umgekehrt kennt der Tierarzt nicht immer den aktuellen Beschlagstatus. Frühzeitige Abstimmung ist entscheidend. Gemeinsame Fortbildungen – wie sie etwa die VÖP (Anm.: Vereinigung Österreichischer Pferdetierärzte) regelmäßig organisiert – helfen enorm, Verständnis und Kommunikation zu verbessern.
Welche gesundheitlichen Schäden sehen Sie am häufigsten durch fehlerhaften Hufbeschlag?
Fehlbelastungen, Schmerzen, Entzündungen und daraus resultierende Lahmheiten sind häufige Folgen. Ein schlechter Beschlag kann die gesamte Statik des Pferdes stören. Nur eine gut ausgebildete Hufschmiedin, ein gut ausgebildeter Hufschmied kann individuell anpassen, was ein Pferd wirklich braucht.
Wann raten Sie zu orthopädischen Hufeisen – und wie wichtig ist hier das Teamwork?
Bei vielen orthopädischen Problemen sind Spezialbeschläge hilfreich. Sie unterstützen auch bei der Rehabilitation nach Verletzungen. Eine enge Abstimmung zwischen Tierärztin, Tierarzt, Hufschmied:in und Reiter:in ist dabei unerlässlich – oft mithilfe von Röntgenbildern. Nur ein gutes Team sorgt für eine maßgeschneiderte Versorgung.
Welche Probleme lassen sich durch frühzeitige Hufpflege vermeiden?
Fehlstellungen oder ungleichmäßiges Hufwachstum lassen sich im frühen Stadium oft gut korrigieren – manchmal schon beim Fohlen. Professionelle Betreuung kann langfristige Schäden wie Arthrosen verhindern und die Lebensqualität des Pferdes erheblich verbessern.
Wie groß ist der Einfluss des Hufbeschlags auf die sportliche Leistung?
Er ist enorm. Ein optimaler Beschlag verbessert Stabilität, Traktion und Bewegungsmechanik. Das reduziert die Verletzungsgefahr und steigert die Leistung. Gerade im Spitzensport ist das ein entscheidender Faktor.
Gibt es Disziplinen oder Pferdetypen, die besondere Lösungen erfordern?
Absolut. Jeder Pferdetyp und jede Disziplin stellen andere Anforderungen an den Huf. Ein Vielseitigkeitspferd braucht andere Unterstützung als ein Dressurpferd. Auch bei Erkrankungen wie Hufrehe sind individuell angepasste Beschläge essenziell.
Was halten Sie von barhuf gehenden Sportpferden – etwa wie im schwedischen Olympia-Team?
Barhuf kann funktionieren – unter bestimmten Voraussetzungen. Die Parcoursböden sind heute oft so gut, dass manche Pferde damit klarkommen. Wichtig ist aber: Es ist keine Modeerscheinung, sondern muss individuell entschieden werden. Viele dieser Pferde tragen außerhalb des Wettkampfs Hufschutz.
Welche Wirkung hat die Anerkennung des Hufbeschlags als UNESCO-Kulturerbe?
Sie wertet das Handwerk auf – und zeigt, wie viel Wissen und handwerkliche Präzision dahintersteckt. Die Auszeichnung motiviert zur Weiterbildung und rückt die Bedeutung des Berufs stärker in den Fokus. Auch Pferdebesitzer:innen erkennen dadurch eher den Wert einer fachgerechten Hufpflege.
Wie bewerten Sie die Qualität der Hufschmied:innen-Ausbildung in Österreich?
Grundsätzlich ist sie sehr gut – mit fundierter Theorie und Praxis. Österreich hat eine lange Tradition in der Hufpflege. Leider wurde die Ausbildung durch eine Gesetzesänderung wieder ein freies Gewerbe. Jeder darf nun Pferde beschlagen, auch ohne Qualifikation. Das ist kritisch, aber die meisten Pferdebesitzer achten zum Glück auf Qualität.
Wie wichtig sind Fortbildungen und internationale Vernetzung?
Sie sind entscheidend. Gemeinsame Weiterbildungen von Hufschmied:innen, Tierärztinnen und Tierärzten verbessern das Verständnis füreinander. Der Austausch schafft Vertrauen und hebt die Qualität der Versorgung insgesamt.
Welche Rolle spielt die Hufpflege für die Wettbewerbsfähigkeit der Branche?
Eine sehr große. Ohne ausreichend qualifizierte Hufschmied:innen wird nicht nur das Tierwohl gefährdet, sondern auch die wirtschaftliche Stabilität der Pferdebranche. Der Huf ist Basis für Gesundheit, Leistungsfähigkeit und damit auch wirtschaftlichen Erfolg.
Wie beeinflusst der Hufzustand tierärztliche Entscheidungen bei Turnieren?
Bei offiziellen Turnieren gibt es regelmäßige Gesundheitschecks – inklusive Verfassungsprüfungen. Der Hufzustand spielt dabei eine große Rolle. Ohne guten Huf kein Start.
Welche Probleme begegnen Ihnen bei internationalen Turnieren am häufigsten?
Oft treten kurzfristige Probleme auf, wie verlorene Eisen oder zu knapp vor dem Wettkampf durchgeführte Beschläge, die das Pferd „fühlig“ machen. Die generelle Pflege hat sich aber stark verbessert – das Bewusstsein ist heute deutlich höher als noch vor ein paar Jahren.
Was wünschen Sie sich von Pferdebesitzer:innen im Umgang mit dem Thema Hufbeschlag?
Setzen Sie auf professionelle Ausbildung! Nur eine qualifizierte Hufschmiedin, ein qualifizierter Hufschmied kennt sich mit Anatomie, Bewegungsmechanik und Erkrankungen aus. Wer hier spart, riskiert langfristige Schäden am Pferd.
Die Fragen stellte: Daniel Winkler