Kühner schreibt österreichische Springreitgeschichte in London

21.12.2025 - Max Kühner schrieb sich am Sonntagnachmittag in die Geschichtsbücher ein, als er als erster österreichischer Athlet überhaupt den Sieg bei einer Qualifikation zum Longines FEI Jumping World Cup™ beim traditionsreichen London International Horse Show errang. Gemeinsam mit seinem zwölfjährigen Irish-Sport-Horse-Wallach EIC Cooley Jump the Q zeigte Kühner eine sensationelle Runde im Stechen und stoppte die Zeit bei 33,94 Sekunden. Damit sicherte er sich einen Meilenstein für sich selbst, Kühner war hier in London 2019 mit dem damals achtjährigen Elektric Blue P Zweiter geworden, und für Österreich – in einem wahrlich hochklassigen Starterfeld.


Nur fünf der insgesamt 37 gestarteten Paare konnten alle Aufgaben lösen, die Parcoursdesigner Alan Wade (IRL) mit seinem 14 Hindernisse umfassenden Kurs gestellt hatte. Eine Serie scheinbar unnachgiebiger Distanzen, die sich durch die Excel Arena in London schlängelte, verlangte höchste Präzision, Kraft und Vorsicht gleichermaßen. Doch Wade machte keine Zugeständnisse: Die enge erlaubte Zeit erforderte exakte Planung, vorausschauendes Reiten und messerscharfe Konzentration von der ersten bis zur letzten Sekunde. Wer auch nur einen Moment zögerte, riskierte einen Zeitfehler; wer hingegen zugunsten der Geschwindigkeit die Genauigkeit vernachlässigte und eine Ecke zu direkt anritt, wurde häufig mit einer gefallenen Stange bestraft.

Weitere fünf Reiterpaare blieben zwar fehlerfrei am Sprung, scheiterten jedoch an der Zeit – darunter auch der dreifache Olympiasieger und London-World-Cup-Sieger von 2023, Ben Maher. Dass dennoch insgesamt elf weitere Paare mit nur einem Abwurf ins Ziel kamen, unterstreicht die große Kunst eines Parcoursdesigns, das Spitzenathleten fordert, ohne ihre Pferde mit unfairen Fragen zu bestrafen.

Für das Gastgeberland eröffnete Donald Whitaker das Stechen mit seiner bewährten Partnerin Millfield Colette, einer zwölfjährigen britisch gezogenen Stute, mit der er bereits Mannschaftssilber bei den Europameisterschaften im Longines FEI Jumping European Team gewonnen hatte. Whitaker erklärte im Interview nach dem ersten Umlauf, sein Plan für das Stechen sei gewesen, „voll anzugreifen“. Genau das tat er auch – mit einer Begeisterung, die die auffällige Schimmelstute Schritt für Schritt mitging und für die er ihr attestierte, „immer mit ganzem Herzen dabei zu sein“.

Trotz einer ungünstigen Startposition im Stechen hielten die beiden enge Linien und einen makellosen Rhythmus und setzten eine extrem starke Richtzeit. In Kombination mit der natürlichen Grundschnelligkeit der Stute wirkte es früh, als sei der Sieg bereits entschieden. Die Excel Arena hielt den Atem an – in der Hoffnung auf einen Heimsieg. Doch Max Kühner hatte andere Pläne. Bestärkt durch das Gefühl, das ihm der hochsensible EIC Cooley Jump the Q bereits im ersten Umlauf gegeben hatte, war er entschlossen, die Topform und Kooperationsbereitschaft seines Pferdes voll auszunutzen.

„Er hat viel Temperament und lässt sich von dieser großartigen Atmosphäre in London leicht beeinflussen. Aber heute war er wirklich bei mir – man könnte sagen, er hat mit mir gesprochen. Ich wusste, was er wollte, und er hat mir zugehört. Ich hatte ein sehr gutes Gefühl in dieser Runde“, erklärte Kühner nach seinem fehlerfreien ersten Umlauf.

„Er ist ein sehr schnelles Pferd – und natürlich werde ich es mit ihm versuchen“, fügte er mit einem typischen, zurückhaltenden Lächeln hinzu. Seine Absichten waren klar – und er setzte sie punktgenau um. In einer perfekten Runde ohne jeden Moment des Zögerns oder Zweifelns wirkte der temperamentvolle Wallach von Pacino x OBOS Quality vollkommen auf seinen Reiter eingestellt. Die nahtlose Kommunikation zwischen Pferd und Reiter ließ sie mit Zielstrebigkeit, Präzision und Geschwindigkeit ins Ziel gleiten – und ganze 1,58 Sekunden von Whitakers scheinbar unschlagbarer Zeit abziehen. Damit schoss Kühner an die Spitze des Klassements.

Cian O’Connor zeigte sich hochzufrieden mit der Leistung seines erst seit drei Monaten gerittenen zwölfjährigen Wallachs Chatolinue PS. Mit einer souveränen Doppel-Null-Runde in 37,24 Sekunden sicherte er sich den dritten Podestplatz. Das Ergebnis rundete einen perfekten Tag für die Familie O’Connor ab: Cians Sohn Benjamin hatte zuvor bei seinem Debüt beim London International Horse Show mit einer stilvollen Doppel-Null-Runde den zweiten Platz in der Pony-Championship (128 cm) belegt.

„Das ist ein großes Kompliment an Chatolinue und an mein gesamtes Team im Hintergrund. Er ist großartig gesprungen. Wir waren nur zu fünft im Stechen, aber mir war wichtig, fehlerfrei zu bleiben. Nächstes Jahr haben wir mit den Weltmeisterschaften ein großes Ziel vor Augen, und wir haben noch nicht viele Hallenturniere bestritten – deshalb bin ich wirklich sehr glücklich mit ihm“, erklärte O’Connor und unterstrich damit seine hohe Wertschätzung für seinen neuen Partner.

Da bereits drei fehlerfreie Ritte verbucht waren und eine extrem schnelle Zeit an der Spitze stand, mussten die letzten beiden Starter im Stechen volles Risiko gehen, um noch eine Chance auf das Podium zu haben. Der Drittplatzierte des Vorjahres, Robert Whitaker, setzte gemeinsam mit Vermento von Beginn an auf Angriff. Angetrieben vom euphorischen Heimpublikum wirkten sie zur Hälfte des Parcours sogar auf Kurs zur Führung, doch ein Fehler am vorletzten Hindernis bedeutete vier Strafpunkte. Trotz der schnellsten Zeit des Tages von unglaublichen 33,90 Sekunden blieb ihnen damit ein Podestplatz verwehrt – was die vollbesetzten Ränge der Excel Arena dennoch mit lautstarkem Applaus würdigten.

Als Penelope Leprévost (FRA) in ihrem Anlauf auf den Sieg ebenfalls eine Stange zu Fall brachte, belegte sie Rang fünf. Damit war Österreichs erster Sieg bei einer Qualifikation zum Longines FEI Jumping World Cup™ beim historischen London International Horse Show endgültig besiegelt – dank Max Kühner.

Donald Whitaker zeigte sich sichtlich emotional, als sein zweiter Platz feststand. Es war nicht nur sein bislang bestes Ergebnis in der Longines FEI Jumping World Cup™-Serie, sondern auch die Erfüllung eines Kindheitstraums mit einem Pferd, das ihm sichtlich alles bedeutet: „Es ist unglaublich. Ich komme mein ganzes Leben schon hierher – das war immer ein Traum von mir. Klar, ich habe nicht gewonnen, aber es fühlt sich fast genauso gut an! Ich bin überglücklich. Sie hat wieder mit ganzem Herzen gekämpft und gibt wirklich jede einzelne Sekunde alles“, sagte er voller Bewunderung für seine Stute.

Kühner selbst blieb nach seinem Sieg gewohnt ruhig und gefasst, konnte seine Freude über das Ergebnis und die Leistung seines Pferdes jedoch nicht verbergen: „EIC Cooley Jump the Q war heute wirklich bei mir. Ich habe gespürt, was er von mir wollte, und er hat mir zugehört. So konnte ich schnell reiten und wir waren trotzdem immer gut miteinander verbunden – es war heute einfach ein großartiges Gefühl.“

Mit einem Lächeln brachte er damit genau das auf den Punkt, was das Publikum in London erlebt hatte: das Bild eines echten Horsemen, der seine Weltklasse-Fähigkeiten in perfekter Harmonie mit einem außergewöhnlichen Pferd demonstrierte.

Longines FEI Jumping World Cup London
1,60 m Höhe
1. Max Kühner (AUT) EIC Cooley Jump the Q 0/33,94 Sekunden im Stechen
2. Donald Whitaker (GBR) Millfield Colette 0/35,52 im Stechen
3. Cian O'Connor (IRL) Chatolinue PS 0/37,24
Ergebnis im Detail

Max Kühner führt Western European League im Weltcup an

Nach sechs Stationen der Longines FEI Jumping World Cup™ Western European League 2025/2026 führt London-Sieger Max Kühner nun die Gesamtwertung mit 45 Punkten an. Auf Rang zwei folgt Willem Greve (NED) mit 40 Punkten, vor Richard Vogel (GER) auf Platz drei mit 36 Punkten. Dahinter liegen Yuri Mansur (BRA), Ben Maher (GBR) und Kevin Staut (FRA) mit jeweils 29 Punkten auf den Rängen vier bis sechs.

Die Longines FEI Jumping World Cup™ Western European League wird am 30. Dezember 2025 in Mechelen (BEL) fortgesetzt. Im Jänner folgen noch 2 von insgesamt 13 Stationen: am 11. Januar 2026 in Basel (SUI) und am 25. Januar 2026 in Amsterdam. Es ist also fast Halbzeit im Rennen um die insgesamt 16 Startplätze für das Longines FEI Jumping World Cup™ Finale 2026 in Fort Worth, Texas (USA, 8.-12. April 2026).

Longines FEI Jumping World Cup 2025/26
Western European League, Stand nach 6 von 13 Etappen:
1. Max Kühner (AUT) 45 Punkte
2. Willem Greve (NED) 40
3. Richard Vogel (GER) 36
4. Yuri Mansur (BRA) 29
5. Ben Maher (GBR) 29
6. Kevin Staut (FRA) 29
Stand im Detail

Schlagwörter dieser Seite