Voltigieren mit Herz

11.05.2025 - Wenn Anna Weidenauer über ihren Sport spricht, dann sprüht sie vor Begeisterung. Mitten im Jus-Studium jongliert sie zwischen Vorlesungsskripten, Kodizes und intensivem Training. Es einmal ein bisschen ruhiger anzugehen, ist jedoch keine Option. „Es macht mir immer noch total Spaß“, sagt sie, „und das ist das Wichtigste.“ Wer die 20-Jährige kennt, weiß: Diese Mischung aus ehrlichem Ehrgeiz und fröhlicher Leichtigkeit ist keine Masche – sie ist echt.


Nach ihrer Bronzemedaille bei der Junioren-Weltmeisterschaft 2023 und einem turbulenten Vorjahr steht die Niederösterreicherin nun vor einem besonderen Highlight: den FEI World & European Championships Vaulting 2025 – dem großen Heim-Championat vom 30. Juli bis 3. August in Stadl-Paura. Eine Bühne, wie sie für österreichische Voltigierer:innen nicht größer sein könnte. Für Weidenauer wäre es zum Abschluss ihrer Young-Vaulter-Karriere ein emotionaler Höhepunkt: „Familie, Freunde – alle könnten dabei sein. Das ist etwas ganz Besonderes.“ Aber bevor sich der Traum erfüllen kann, wartet noch die finale Qualifikationsphase.

Neues Pferd, neues Kapitel

Dass der Weg dorthin kein Selbstläufer wird, weiß sie. Denn seit dem Winter voltigiert sie nicht mehr auf ihrer altbewährten Partnerin Chivas – mit der sie 2021 Junioren-Weltmeisterin wurde –, sondern auf dem Nachwuchspferd Calcifer. Der Wechsel war notwendig: „Chivas wird langsam älter, da haben wir nach dem letzten Championat entschieden, dass ich auf ein neues Pferd umsteige.“
Und wie schwer fällt so ein Umstieg? „Man muss sich komplett neu einfühlen. Die Bewegungsabläufe, die Reaktionen – alles ist anders. Aber genau das ist auch das Spannende. Und ehrlich gesagt: Ich lerne richtig viel.“ Erste Wettkampferfahrungen mit Calcifer gab’s bereits, etwa beim internationalen Turnier in Budapest – mit einem Sieg.

Zwischen Präzision und Gefühl

Voltigieren auf Championats-Niveau ist Feinstarbeit. Millimeter, Reaktionssekunden und Vertrauen entscheiden über Erfolg oder Misserfolg. „Mit Chivas wusste ich: Sie erschrickt sich nie. Ich konnte mich völlig auf mich konzentrieren. Bei einem neuen Pferd muss man wieder mehr mitdenken – das braucht Zeit.“ Dass die 20-Jährige, die 2023 auch bei der Weltmeisterschaft der Young Vaulters am Start war, diesen Weg bewusst und mit kühlem Kopf geht, zeigt ihre größte Stärke: mentale Stabilität. „Ich habe gelernt, im Zirkel ruhig zu bleiben – auch bei Druck. Das war schon bei meiner ersten Weltmeisterschaft 2021 so. Ich bin da reingegangen mit dem Ziel: Spaß haben – und bin Weltmeisterin geworden.“

Das Ziel: drei fehlerfreie Programme

Der Weg zum Heim-Championat führt die große Zukunftshoffnung über zwei Sichtungsturniere – eines davon ebenfalls in Stadl-Paura. Bis Ende Juni wird klar sein, wer Österreich vertreten darf. Die besten drei dürfen auf internationalem Topniveau ihr Können zur Schau stellen. Und was, wenn es klappt? „Dann will ich vor allem eines: Meine drei Programme fehlerfrei zeigen. Das ist das Schönste – wenn man das, wofür man das ganze Jahr trainiert hat, einfach zeigen darf. Alles andere wäre dann die Kirsche auf der Torte.“

Warum Österreich voltigieren kann

Dass Österreich regelmäßig internationale Spitzenplätze erreicht, ist für die 20-Jährige kein Zufall. „Wir haben top Kaderkurse, tolle Trainer:innen und gute Pferde. Und wir bekommen viel Unterstützung, um uns weiterzuentwickeln. Das macht echt was aus.“ Ihr eigenes Vorbild? „Viele! Ich picke mir immer von verschiedenen Voltigierer:innen etwas raus – Technik, Stil, Choreografie. Und klar, Eva (Anm.: Nagiller), die letztes Jahr Weltmeisterin wurde, ist für uns alle ein Idol.“

Der Sprung zu den Seniors

2025 ist Annas letztes Jahr bei den Young Vaulters. Der Sprung in die Senior-Klasse steht bevor – mit neuen Qualifikationen, neuen Herausforderungen. „Das wird nochmal eine große Umstellung. Aber ich freue mich drauf. Und wenn alles gut läuft, wäre Aachen 2026 ein riesiges Ziel. Ein großer Traum, den viele von uns haben.“
Was bleibt von all dem Ehrgeiz, dem Training, der Leistung? Eine Haltung, die ihre Eltern ihr mitgegeben haben: „Es geht nur um die goldene Ananas – also, hab Spaß und bleib sportlich.“
Vielleicht liegt genau darin das Geheimnis ihres Erfolgs: „Ehrgeiz ja, aber nicht verbissen. Ich liebe Turniere – aber das Training ist das, was ich am meisten schätze.“

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