Amida Wikus: „Ich bin in Tränen ausgebrochen“

14.04.2022 - Streng genommen war es nicht absehbar, dass Amida Wikus beim Pferdesport landet. Ihre Eltern waren Basketball-Profis, demnach wuchs die heute 15-Jährige mehr oder weniger in den heimischen Basketballhallen auf. Aber die Wienerin ist schon immer gerne auf Pferden gesessen und nutzte jede sich bietende Gelegenheit. Mit knapp sechs Jahren bekam sie einen Gutschein für eine Reitstunde geschenkt, der nicht nur sofort eingelöst wurde, sondern sich auch schnell eine unglaubliche Leidenschaft für den Sport entwickelte.


„Ich bin dann beim Pferdesport dabeigeblieben, es hat mich einfach von Anfang an sehr glücklich gemacht. In den ersten Jahren hatte ich ein Miet-Pony, ehe ich mit acht Jahren mein erstes eigenes Pony bekommen habe. Ich habe zuerst Springen und Dressur ausprobiert, weil ich noch nicht wusste, wie sich das alles entwickeln wird. Irgendwann bin ich dann fix in der Dressur gelandet, auch wenn ich heute, bis zu einer gewissen Höhe, immer noch gerne springe. Ich versuche auch im Training ein wenig Abwechslung hineinzubringen und arbeite einmal in der Woche mit Cavaletti“, erzählt die Wienerin und ergänzt: „Ich finde einfach die tägliche Arbeit super. Jeder Tag ist anders, es ist immer abwechslungsreich und ich freue mich auf die vielen Herausforderungen. Es ist einfach spannend, wenn man mit einem Lebewesen arbeiten kann, das die Welt mit seinen eigenen Augen sieht. Es ist eine super Basis, damit man zusammen etwas schaffen kann – man entwickelt schnell ein Gespür füreinander.“

Nach einigen Livestream-Stunden im Zuge der Pony-EM hat 2018 der ganze professionelle Reitprozess für die 15-Jährige so richtig begonnen und die ehrgeizige Dressur-Reiterin wollte so schnell wie möglich in verschiedenen internationalen Vierecken reiten. Und dieses Ziel sollte auch bald in Erfüllung gehen.

(c) Lukasz Kowalski
(c) Lukasz Kowalski

Eine perfekte Konstellation

Amida Wikus und ihre beiden Pferde Delightful Drogba und Don Carino 5 sind ein super Trio, das nicht nur miteinander an den Aufgaben wächst, sondern auch voneinander viel lernt. Sie ist bemüht, ihren beiden Sportpartnern gleich viel Zeit und Aufmerksamkeit einzuräumen. Es ist zwar nicht immer einfach, aber mit einer guten Planung lässt sich alles zufriedenstellend hinbekommen: „Mir ist es sehr wichtig, dass ich mit beiden Pferden gleich viel Zeit verbringe – es soll ja keiner auf der Strecke bleiben. Aber natürlich ist das auch ein wenig von den geplanten Turnierteilnahmen abhängig. ‚Droggy‘ ist mein Pony. Er ist immer sehr motiviert, aber auch ein wenig besserwisserisch. Bei den Prüfungen möchte er mir oftmals Dinge vorwegnehmen, weil er glaubt, er weiß es besser“, schmunzelt die Wienerin und schwärmt im gleichen Atemzug über ihr Großpferd: „Seit ich mit Carino reite, hat sich für mich sehr viel verändert. Ich lerne so viel und kann das gleich auf die Arbeit mit meinem Pony umlegen. Eine perfekte Konstellation. Er ist wie ein Professor, von dem ich viel lernen kann – vor allem bei den Wechseln. Er hilft mir auch bei den Prüfungen sehr. Ich bin wirklich froh, dass ich ihn an meiner Seite habe. Ich kann viel probieren und er leitet mich!“

(c) Istvan Lehoczksi
(c) Istvan Lehoczksi

Inspiration als Wegbegleiter

Der Alltag der Wienerin ist ziemlich straff. Nach der Schule geht es sofort in den Stall zum Reiten, ehe am Abend noch eine Lerneinheit auf das Dressur-Talent wartet. Wenig verwunderlich, dass kaum mehr Zeit für weitere Hobbies bleibt, mit einer kleinen Ausnahme: „Ich versuche einmal in der Woche zum Tanzen zu gehen, ich liebe klassische Tänze. Die Zeit genieße ich immer.“ Aber ohne die großartige Unterstützung ihrer Eltern, vor allem die ihrer Mutter, wären viele Dinge in diesem Umfang nicht möglich: „Meine Mama ist wahnsinnig wichtig für mich. Sie holt mich immer ab und ist eine große Hilfe für mich – sonst würde sich das alles neben der Schule nicht ausgehen. Der Vorteil ist, dass wir so auch sehr viel Zeit miteinander verbringen. Das ist nicht selbstverständlich, und weiß ich sehr zu schätzen.“ Wikus versucht in jeder Lebenssituation von den kleinen Dingen zu lernen und auf ihr eigenes Tun umzumünzen: „Je mehr Inspiration man bekommt, umso weiter kommt man und eignet sich sehr viel Erfahrungswerte an.“

(c) Alena Mach
(c) Alena Mach

Lernen von der Weltelite

Ende 2021 hat Wikus direkt nach einer Englischschularbeit die positive Nachricht erhalten, dass sie zukünftig Teil des OEPS Talente Teams sein wird. Eine Info, die viele Emotionen hervorrief: „Ich bin in Tränen ausgebrochen, weil ich mich so gefreut habe. Im Jänner habe ich gleich an meinem ersten Lehrgang teilnehmen dürfen, der meine Erwartungen in alle Richtungen übertroffen hat. Ich war beispielsweise in puncto Social Media ein hilfloser Mensch, habe da sehr viel mitnehmen können und das Bewusstsein wurde geschärft, was da alles dranhängt. Aber auch das Mentaltraining hat mir viel gebraucht und die Augen geöffnet. Jeder hat so seine Art, wie er damit umgeht – ich will auch in diesem Bereich viel mehr herausholen.“

Die eine Seite ist die eigene Arbeit am Boden, die andere Arbeit ist am und mit dem Pferd. Soll heißen, dass die 15-Jährige nicht nur auf ihr eigenes Training fokussiert ist, sondern auch der Weltelite genau zusieht und sich einige Bausteine für sich herauszieht. „Es gibt viele Dinge, die muss man sowieso selbst schaffen, aber man lernt auch sehr viel vom Zusehen. Ich schaue mir da sehr viele Livestreams an und hole mir wertvollen Input. Es ist immer interessant zu beobachten, wie die ganz großen Reiterinnen und Reiter gewisse Dinge lösen: Wie schließt Isabell Werth die Traversale ab und wie bereitet sie die Wechsel vor. Das sind einfach Phasen, die für mein eigenes Reiten eine große Relevanz haben“, versucht die Wienerin, die als freiheitsliebende Person bekannt ist, die Ruhe genießt, aber auch ab und an ihr aufbrausendes Temperament nicht zurückhalten kann, viel aus verschiedenen Analysen von ihren Vorbildern zu lernen.

Der Alltag ist stressig, das Programm dicht. Aber es gibt trotzdem Momente, wo Wikus ihren inneren Frieden findet. „Wenn meine Pferde einen Pause-Tag haben, gehe ich mit ihnen gerne spazieren. Da kann ich mich beim Musikhören mit dem Pferd an der Hand perfekt entspannen, die Natur genießen und einfach alles auf mich wirken lassen. Es gibt kaum eine Situation, in der ich entspannter bin“, strahlt die Wienerin, als sie von ihren Spaziergängen erzählt.

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